Jugendschützenfest
Bereits zum zweiten Mal wurden wir hier gezwungenermaßen zu Zeugen eines, wie ich finde, zweifelhaften Vergnügens: Unser Garten grenzt an eine kleine, mit drei Bäumen versehene Freifläche, die an 364 Tagen im Jahr gleichermaßen als Parkplatz wie auch der Verkehrsberuhigung dient. Am Pfingstsonntag kommt es dann zu einem bunten Menschenauflauf: Unterlegt von blaßkapelliger Musik kommen Familien gelaufen, und irgendwer hat einen Holzstock mit einem Blumenstrauß am oberen Ende in der Hand.
Bei uns ist dann Jugendschützenfest. Ich weiß nicht, was den Verantwortlichen und Eltern dabei durch den Kopf geht, und ich mache mir ehrlich gesagt jetzt schon Gedanken, wenn unser Sohn in einigen Jahren auf die Idee kommen sollte, daran teilnehmen zu wollen.
Die Holzstöcke mit Blumensträußen ersetzen dabei echte Gewehre und sollen sicherlich die militärische Ausrichtung einer solchen Veranstaltung herunter spielen. Leider echt daneben, und mal ganz ehrlich - so ein klein bißchen finde ich die Verwendung eines friedlichen Symbols wie einem Blumenstrauß im militärischen Kontext pervers. Der Stock mit dem Blumenstrauß ändert nichts am quasi ritualisierten Ablauf dieser Veranstaltung, denn ein "präsentiert das Gewehr" folgt auf jeden Fall. Wie man als Eltern dann lachen kann, wenn sich der Nachwuchs dem militärischen Gehorsam hingeben, ist mir schleierhaft. Und wie man das toll finden kann, wenn ein Jungschütze zum Feldwebel befördert wird, und die Kinder damit militärische Rangfolgen und Hierarchien nahe gelegt bekommt, entzieht sich völlig meiner Vorstellungskraft. Vielleicht fallen die Implikationen einer solchen Veranstaltung aber auch in der vom Alkoholdunst geschwängerten, gelockerten Atmosphäre des Bierzeltes oder zumindest des im Raume stehenden kollektivem Rausches unter den Tisch.
Zu der militärischen Ausrichtung äußert sich Wikipedia übrigens wie folgt:
Ich kann verstehen, dass Schützenfeste tolle Treffpunkte sind, vor allen in Dörfern, wo dann alle zusammen kommen und ordentlich feiern. Aber unsere Armee ist im Ausland vertreten, unsere Soldaten trainieren nicht mehr nur für einen eher hypothetischen Ernstfall, sondern setzen tagtäglich ihr Leben aufs Spiel. In jüngerer Zeit durften wir Zeugen mehrerer Amokläufe an Schulen werden. Schüler sind durch die Hand von Mitschülern gestorben. Seitdem hat man das auf Kriegsspiele abgesehen. Schon klar, Computerspiele bringen einen bei, wie man andere Menschen umbringt. Die quasi spielerischen Aktivitäten eines Jungschützen, die vermutlich zu einer aktiveren Teilnahme am Schützenleben führen, haben im Gegensatz dazu nichts zu tun.
Also bitte, wer feiern möchte: Ein einfaches Volksfest ohne militärischem Hintergrund sollte doch reichen, oder?
Mein geschätzter Kollege Cptcalhoun hat dazu übrigens auch noch was.
Edit: Hatte im ersten Wurf das Zitat von Wikipedia vergessen.
Bei uns ist dann Jugendschützenfest. Ich weiß nicht, was den Verantwortlichen und Eltern dabei durch den Kopf geht, und ich mache mir ehrlich gesagt jetzt schon Gedanken, wenn unser Sohn in einigen Jahren auf die Idee kommen sollte, daran teilnehmen zu wollen.
Die Holzstöcke mit Blumensträußen ersetzen dabei echte Gewehre und sollen sicherlich die militärische Ausrichtung einer solchen Veranstaltung herunter spielen. Leider echt daneben, und mal ganz ehrlich - so ein klein bißchen finde ich die Verwendung eines friedlichen Symbols wie einem Blumenstrauß im militärischen Kontext pervers. Der Stock mit dem Blumenstrauß ändert nichts am quasi ritualisierten Ablauf dieser Veranstaltung, denn ein "präsentiert das Gewehr" folgt auf jeden Fall. Wie man als Eltern dann lachen kann, wenn sich der Nachwuchs dem militärischen Gehorsam hingeben, ist mir schleierhaft. Und wie man das toll finden kann, wenn ein Jungschütze zum Feldwebel befördert wird, und die Kinder damit militärische Rangfolgen und Hierarchien nahe gelegt bekommt, entzieht sich völlig meiner Vorstellungskraft. Vielleicht fallen die Implikationen einer solchen Veranstaltung aber auch in der vom Alkoholdunst geschwängerten, gelockerten Atmosphäre des Bierzeltes oder zumindest des im Raume stehenden kollektivem Rausches unter den Tisch.
Zu der militärischen Ausrichtung äußert sich Wikipedia übrigens wie folgt:
Die Schützenfeste haben u. a. eine militärische Abstammung, die auf die vornapoleonische Zeit zurückgeht. Die Schützengilden hingen eng mit der spätmittelalterlichen Machtentwicklung der Städte zusammen, deren Besatzung und Wehr die Bürger bildeten. Diese mussten oft auf den Ruf der Sturmglocke zur Armbrust und zur Partisane greifen, um die Trossknechte der Edelleute von den Stadtmauern fernzuhalten. Während die patrizischen Geschlechter Waffen und Rüstung der Ritter annahmen, wählten die übrigen, nach Zünften und Stadtvierteln geordneten Bürger andere Waffen, vornehmlich Bogen und Armbrust, und zur Übung bildeten sich Schützenvereine, in der damals üblichen Form von Gilden.Auch wenn das nicht vergleichbar ist mit dem Auftrag, den schweizerische Schützenvereine haben, sind die militärischen Wurzeln unverkennbar.
Ich kann verstehen, dass Schützenfeste tolle Treffpunkte sind, vor allen in Dörfern, wo dann alle zusammen kommen und ordentlich feiern. Aber unsere Armee ist im Ausland vertreten, unsere Soldaten trainieren nicht mehr nur für einen eher hypothetischen Ernstfall, sondern setzen tagtäglich ihr Leben aufs Spiel. In jüngerer Zeit durften wir Zeugen mehrerer Amokläufe an Schulen werden. Schüler sind durch die Hand von Mitschülern gestorben. Seitdem hat man das auf Kriegsspiele abgesehen. Schon klar, Computerspiele bringen einen bei, wie man andere Menschen umbringt. Die quasi spielerischen Aktivitäten eines Jungschützen, die vermutlich zu einer aktiveren Teilnahme am Schützenleben führen, haben im Gegensatz dazu nichts zu tun.
Also bitte, wer feiern möchte: Ein einfaches Volksfest ohne militärischem Hintergrund sollte doch reichen, oder?
Mein geschätzter Kollege Cptcalhoun hat dazu übrigens auch noch was.
Edit: Hatte im ersten Wurf das Zitat von Wikipedia vergessen.
cptsalek - 1. Jun, 12:33
Gr(a)uselig...
Allerdings muß ich gestehen, daß ich (noch?) keine Ahnung habe, wie sie ablaufen, da wir ihnen bisher stets ferngeblieben sind. Ist so gar nicht unsere Welt...
Ich hab nur mitbekommen, daß die Schützenfeste auch "Schüttenfeste" heißen - eben weil so viel geschüttet wird. Hm, vielleicht ist so ein Fest auch nur im Suff zu ertragen... *grübel*
GlG
Sianna